The slut in me

aka Wie diese mono-hetero-vanilla-patriarchale Gesellschaft mich ruiniert hat

 
Manchmal denke ich, ich bin einfach nicht für dieses Leben gemacht worden. Mein Körper, mein Hirn, ich insgesamt stehe eigentlich ständig neben mir, meine Gedanken ticken anders als die normaler Menschen, ich sollte ein anderes Leben führen.

Ich kann nicht gut lügen, Leute sehen in meinem Gesicht was ich fühle, und was ich denke ist meistens zu 300% inappropriate. Ich bewundere random Frauen für ihre Lippen, Männer für ihre Schultern, an der Arbeit denke ich in wichtigen Meetings darüber nach, wie sich die Frau vom Chef unter seinen Händen anfühlt und ob es wohl Spaß machen würde, mit ihr zu tauschen. Ich phantasiere davon, versteigert zu werden oder verkauft, ich "weiß" bei den allermeisten Männern, wie und ob ich sie verführen könnte, ich kann kein Gespräch führen ohne zu überlegen, wie es wohl wäre, die Person zu küssen.

Ich beherrsche mich. Aber nicht immer gelingt es mir, zu verbergen, was in mir vorgeht, und oft ist meine Beherrschung so schlecht, dass ich flirte, ohne es zu wollen oder ohne es verhindern zu können. Als Teenie gab es deswegen eine Zeit in der ich als "schnell zu kriegen", "leichte Beute" usw bezeichnet wurde, und ich habe sehr darunter gelitten, so verurteilt zu werden, weil es sich doch so anfühlte, als ob ich diese Menschen feierte - der Aufschlag auf dem Boden der Tatsachen war sehr hart. 

Ich kriege das heute besser hin, aber dafür passiert es mir sehr oft, dass ich jemanden treffe und auf traurige Weise froh bin, mich hinter gesellschaftlichen Grenzen bewegen zu können, denn sonst wäre es vielleicht nicht so leicht, zu verbergen, wie begeistert ich bin. Man lernt, seine Ketten zu lieben. 

Für Menschen, die ich liebe, bin ich in der Lage, körperlich treu zu sein, für sie bin ich in der Lage, mich zu beherrschen. In meinem Kopf war es auch deswegen vollkommen logisch, mir ein Halsband zu wünschen, um nicht Freiwild zu werden. Zu gehören, um nicht wegzufliegen.

Ich möchte benutzt werden, Nein, nicht von jedem. Aber viel mehr, als es in meinem Umfeld erlaubt ist. Und weil ich mit der Freiheit nicht gelernt habe, umzugehen, frisst sie mich potentiell auf, wenn ich sie jetzt habe. Ich musste viel lernen über mich selbst, über Konsent und Respekt und Kommunikation und Grenzen. Ich brauche von innen viel Halt und Sicherheit, um mich nicht auf die falschen Menschen einzulassen, weil ansonsten meine Instinkte schreien, aber ich ihre Warnung nicht verstehe. Oder sie höre, aber es allem widerspricht, was ich rational will.

Und dann gibt es endlich diese Tage, in denen ich befreit bin.