Masochismus - Submission - Interview von @nakednotnaughty für den gleichnamigen Podcast, naked not naughty. My pleasure...


 Vorab, dieser Tweet von @MissKinkyFox (mit freundlicher Genehmigung):

Mit Mitte dreißig festzustellen, dass ich devot* bin, war, wie das fehlende Puzzleteil für mein Leben zu finden.


 https://t.co/qMe5mMYoTB

*und submissiv+masochistisch in meinem Fall


1. Würdest du zuerst den Begriff Masochismus definieren und vom Begriff Submission abgrenzen? Vielleicht kannst du auch darauf eingehen, ob nur körperliche Verletzung zum Masochismus zählt oder auch Beleidigung, Beschämung und Verängstigung. 

Die Begriffe werden im Urban Dictionary (urbandictionary.com), dessen Begriffsklärungen ich im aktuellen Sprachgebrauch ganz oft treffend finde, folgendermaßen definiert: 

Masochism: 

1)The deriving of sexual gratification, or the tendency to derive sexual gratification, from being physically or emotionally abused.

2)The deriving of pleasure, or the tendency to derive pleasure, from being humiliated or mistreated, either by another or by oneself.

3)A willingness or tendency to subject oneself to unpleasant or trying experiences.

Submission:

1.The action or fact of accepting or yielding to a superior force or to the will or authority of another person.

Auf Deutsch und so wie ich es verstehe, steht also Submission für Unterwerfung. Unterwerfung im BDSM verstehe ich als freiwillige oder in einem Konsenrahmen forcierte, jedenfalls irgendwann und irgendwie etablierte Akzeptanz eines Machtgefälles. Innerhalb dessen kann die übergeordnete Person (oder unter Umständen auch mehrere Personen) der untergeordneten in einem definierten Rahmen Anweisungen geben und Macht ausüben. Submission bedingt also eine bestimmte Art von Verhaltensrepertoire – von Gehorsam, Befehlsannahme, Anpassung und eventuell Devotion (Anbetung, Idealisierung) über das Einhalten bestimmter Regeln, die auferlegt werden, bis hin zu TPE (Total Power Exchange), bei dem in einem bestimmten Zeitraum (einzelne Sessions bis hin zu 24/7) die andere Person komplett über Körper und Verhalten der submissiven Person bestimmt.

 Submission kann aber auch bedeuten, nur während eines mikrokleinen Anteils einer sexuellen oder zwischenmenschlichen Interaktion dem Willen und den Handlungen der anderen Person zu gehorchen – und anschließend sofort wieder Augenhöhe einzunehmen. Entscheidend ist das Mindset – es wird nicht aus objektiven Gründen diese Rolle eingenommen (z. B. wegen eines Erfahrungsvorsprungs des Partners), sondern im Rahmen eines willkürlichen, spielerischen, wenn auch oft sehr tief empfundenen Kontextes von Submission und Dominanz.

Submission kann, wenn das Teil des Spiels der beiden Personen ist, auch beinhalten, zu genießen, dass die Person, die Dom, Domme, Top oder wie auch immer ist, Schmerz oder unangenehme Reize zufügen oder spenden darf, kann und auch will (hoffentlich…haha). Wenn das dann der Sub, dem Sub, dem/der Bottom (…) in einem sexuell konnotierten Rahmen gefällt, haben wir es mit ziemlicher Sicherheit mit Masochismus zu tun. 

Masochismus steht für Disposition oder die Tendenz dazu, durch physischen oder emotionalen „Missbrauch“ sexuelle Erregung oder Genuss zu empfinden. Es wird also durch Schmerz, Missempfinden, Erniedrigung, Beleidigung und andere normalerweise unangenehme Reize oder Situationen Lust erzeugt. Den Begriff „Missbrauch“ finde ich aber in dem Zusammenhang problematisch. Er klingt nach Unfreiwilligkeit, die BDSM sofort in echte Gewalt verwandeln würde. 

Auf Seiten des Empfängers steht aber in diesem Fall eine positive Empfindung in Verbindung zu Situationen oder Handlungen, die normalerweise als unangenehm und/oder schmerzhaft empfunden werden. Als Masochistin empfinde ich eine Lust am Schmerz, ich berausche mich an dem Gefühl, dass mir weh getan wird. Das Maß und die Mittel, die mir dabei gefallen, sind sehr individuell und variieren sehr stark von Person zu Person und zwischen jeder intraindividuellen Dynamik. Die Mittel können physische Schmerzen in unterschiedlichsten Abstufungen sein, aber auch unangenehme Situationen wie zb potenzielle oder tatsächliche situative Beschämungen, verbale Beleidigungen, Abwertung, Beschimpfungen, Hohn und Gemeinheiten – die Möglichkeiten sind da fast unendlich. Auch Spielarten, die ekelerregende Reize nutzen oder solche, die Angst oder Furcht auslösen, finden sich in diesem Spektrum. In meinem Verständnis kann alles, was geeignet ist, zu verletzen, wenn es nicht konsensuell geschieht, im BDSM potenziell einen Masochisten verzücken. Großes ABER: Was eine Person in ihrem individuellen Set von emotionalen und körperlichen Voraussetzungen wirklich reizt, was sie „aushalten kann“ oder „aushalten will“ ist SEHR unterschiedlich. Die Grenzen zu finden, sie zu bespielen, ohne sie zu überschreiten, ist die hohe Kunst des Sadismus. 

Abgrenzung. Masochismus zu genießen, ohne sich in der Situation dem anderen wenigstens für den Moment zu unterwerfen, halte ich für theoretisch möglich, aber als Situation für sehr unwahrscheinlich und konstruiert. Ein Spiel, in dem z. B. eine dominante Person einer submissiven befiehlt, ihr weh zu tun, kommt wahrscheinlich nicht oft vor, genauso wenig wie die Situation, in der zwei Menschen auf Augenhöhe einander Schmerzen oder verbale Beleidigungen zufügen und dabei sexuell erregt werden. Ich kann mir hingegen gut einen Vanillakontext vorstellen, in dem gespankt, beleidigt und dirty getalkt wird, ohne dass ein explizites Machtgefälle herrscht. In so einem Fall würde ein Mensch, der masochistische bzw. sadistische Züge hat, hier einen Mehrwert empfinden. Eine derartig ungeklärte Situation ist aber aus meiner Sicht potenziell gefährlich und könnte schnell in echten Missbrauch und Gewalt abgleiten. 

Meine Abgrenzung versteht sich als unvollständige, für mich passende Definition – ich bin für Anregungen oder Kritik also offen. 


2. Findet das Ausleben von Masochismus bei dir immer in einem D/s Kontext statt? Warum (nicht)?

Bei mir selbst ist es so, dass ich auf Schmerzen, Konsens vorausgesetzt, auch reagieren kann, wenn sie mir jemand zufügt, der nicht in einer D/s-Beziehung mit mir steht. Nur kann ich dann in der Regel nicht entspannen in der Situation, fühle mich unwohl und suche diese Gelegenheiten deshalb nicht. Es gibt mir nichts und ist mir in ungeklärten Situationen und mit Menschen, die ich nicht wirklich einschätzen kann, auch auf sozialer Ebene zu gefährlich. Ich reagiere auf die Schmerzen recht stark und brauche ein Gegenüber, welches bewusst und bedacht agiert. 

Zum Beispiel hatte ich einen MMFFF und eine Frau fand es lustig, meine Spuren, die ich von meinem Dom hatte, mit ihren Händen “nachzuarbeiten”. Sie kommentierte dann: “Schaut mal, ihre Augen werden ganz dunkel” usw., aber fand das irgendwie lustig und hörte auch rasch wieder auf, weil es ihr zu brutal erschien. Die Empfindung an sich war richtig, aber das Gelächter und die Art und Weise, wie die anderen reagierten, brachten mich dazu, mich zu schämen - und es war niemand da, der diese Scham mit der passenden Freude registriert hätte, ich konnte es nicht genießen.

Also ja, es findet bei mir immer im D/s-Kontext statt. Wenn ein Sadist mich bespielt, mit dem ich menschlich harmoniere, ist das ein komplett anderes Ding. Ich will und ich kann dann auch viel mehr und viel besser aushalten.


3. Was gibt es dir, im BDSM Kontext geschlagen / anderweitig verletzt / beleidigt / beschämt / verängstigt zu werden? Das sind ja eigentlich Dinge, die abseits von BDSM in der Regel als negativ wahrgenommen werden. 

Ich fühle mich in diesen Momenten intensiv gesehen. Es ist durch die Submission ein Gefühl von Dankbarkeit und Stolz. Ich werde hier benutzt, erkannt, miss-/behandelt und genieße volle Aufmerksamkeit. Die Emotion, die natürlich nicht rational ist, lässt sich so beschreiben: Niemand anders hat in diesem Moment mehr Aufmerksamkeit durch meinen Dom als ich, niemand hat mir vorher jemals so viel Aufmerksamkeit geschenkt (klingt kitschig? Gönne ich mir…). Darüber hinaus mache ich das, was ihm Spaß macht und halte aus, dass er mir weh tut. Es ist eine Form von Hingabe, von Devotion. „Es steht ihm zu, wann immer es ihm beliebt“ – in meinem Kopf passiert da viel, wenn ich so formuliere. Freude, Erregung, Lust und ein intensives Gefühl von Lebendigkeit.

Ich spüre meinen Körper und seine Reaktionen sehr stark, was mir sonst oft schwerfällt. Ich bin ein Mensch, der sich oft selbst überfordert und an seine Grenzen geht, mit der Kraft, mit Stress. Ich trage viel Verantwortung und muss jeden Tag viele Entscheidungen treffen, immer da sein, immer präsent. Ich nehme mich im Alltag dann oft erst zu einem späten Zeitpunkt selbst wahr. Berührungen erden mich auch, aber machen mich manchmal auch nervös und lösen den Impuls aus, zu reagieren und mich um mein Gegenüber zu kümmern und für seine Bedürfnisse da zu sein. Schmerz bringt mich ins Hier und Jetzt, gibt mir zusätzlich zu seiner Stimme/seiner Ansage einen unmittelbaren und unbedingten Befehl, stillzuhalten, zu atmen, zu fühlen, nichts anderes zu denken. Ich bin komplett in dem Moment und fokussiert auf den Schmerz und die Empfindungen dazu, die inneren Bilder. Ich fokussiere mich immer wieder intensiv auf die andere Person und ihre Beschäftigung mit mir. Ich registriere meine körperlichen Reaktionen und versuche, durch Atmung, bewusste Entspannung oder Anspannung von Muskulatur, durch Meditation, durch gedankliche Muster, mir und ihm den Schmerz länger zu ermöglichen, es auszuhalten. Anschließend fühle ich mich stolz, gezeichnet und besonders. 

Ich möchte meine Spuren am liebsten allen zeigen. Das tue ich allerdings nur in dem Rahmen, in dem es keine Außenstehenden „erwischt“, denn auch dazu finde ich es wichtig, Konsens herzustellen. Ich möchte nicht andere in unser Spiel einbeziehen und will auch nicht, dass andere denken könnten, ich sei Opfer von häuslicher Gewalt. Dazu gibt es immer wieder mal Diskussionen in der Bubble, wenn es zb um die Sauna geht. Meine Haltung ist dabei recht klar in Richtung Vorsicht bzw. Rücksicht auf andere.

Verbale Abwertung ist eine etwas andere Sache. Mir sind in meiner Vergangenheit echte Beleidigungen und echte Abwertung passiert, und deswegen hatte ich da lange massive Schwierigkeiten. Gerade Wörter wie Schlampe, Miststück... haben sich wirklich grenzüberschreitend schlecht angefühlt, ich hätte lieber auf Nähe und Spiel verzichtet, das waren also ziemlich harte Limits, die auch lange nicht angetastet wurden in unserem Spiel. Dies wandelt sich gerade, weil die Wertschätzung, die ich jeden Tag erfahre, wenn wir nicht spielen, so langsam bei mir ankommt. Inzwischen liebe ich es, wenn ich so auch verbal „beansprucht“ werde. Es fühlt sich an, als werde sein Territorium markiert, wenn er „meine Schlampe“ usw. sagt. Manche Abwertung fühlt sich auch gut an, weil sie zutrifft (ich bin ein needy Stück, leugnen zwecklos). Dazu weiß ich an bestimmten Stellen aber einfach, dass er weiß, dass es eigentlich Quatsch ist – ich bin nicht wahllos, nicht beliebig, nicht für jeden verfügbar. Es ist also eine Technik, die die Dominanz unterstreicht, ihn sprachlich (weit) über mich stellt. So wirkt es genauso wie zb Fesseln, Gag, irgendwelche anderen Techniken – sie sprechen meine submissive Seite an. 


4. Wie wirken sich diese Dinge psychisch auf dich aus? Wird damit einfach nur sexuelle Lust befriedigt, oder ist es eine Art „Outsourcing“ von Selbstbewusstseinsproblemen nach dem Motto „Ich verdiene es, dass mir Schlechtes passiert und damit ich mich nicht dauernd selbst damit fertigmache, lasse ich mich extern fertigmachen weil das leichter ist“? Oder ist es etwas ganz anderes? Kurzgesagt: Unterstützt es dich bei psychischen Schwierigkeiten (therapeutischer Effekt) oder hat das gar nix mit einer schwierigen Psyche zu tun und ist einfach ein unbeschwerter Teil deiner Sexualität?

Ha! Suggestivfrage…

Ich glaube, dass ganz allgemein das Ausleben der eigenen Sexualität mit ihren Spielarten gut für die Psyche eines Menschen ist. Wie sich Dispositionen zu Vorlieben wie Masochismus oder Sadismus entwickeln, kann ich nicht sagen. Vielleicht sind auch individuelle Erlebnisse prägend, aber es ist nicht genügend erforscht, welche Momente und welche Erlebnisse eine bestimmte Ausrichtung begünstigen. Angeborene Faktoren und genetische Dispositionen spielen wahrscheinlich genauso mit hinein oder sind ausschlaggebend. Dazu kann ich nur sehr oberflächlich Stellung nehmen. 

Für mich persönlich ist es ein Augenöffner gewesen, wie sehr ich „fliege“, genieße und mich richtig und angekommen fühle, seit ich BDSM ausübe. Das Bedürfnis nach extremen Erfahrungen war bei mir schon immer da und ich habe schon früh auf verschiedene Weise versucht, es zu erfüllen. Das waren oft destruktive Strategien. Ich habe nicht gewusst, wie ich das initiieren kann, was es überhaupt gibt (ein großer Apell pro Aufklärung an dieser Stelle!). Die wenigen Bilder, die ich im Kopf hatte, hatten irgendwas mit Dominas, Lederkleidung und maskulin-queerer Szene zu tun, was ich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht mit mir assoziiert hätte. Ich habe erst total spät aktiv angefangen, durch die Informationen, die ich auf bestimmten Accounts und Blogs gefunden habe.

Ich erlebe eine intensive Verbindung zu mir selbst, zu meinem Dom und eine intensive Freude, sowohl vor, während als auch nach Sessions und durch die D/s-Verbindung, insofern ist da auch ein positiver Effekt auf meine Psyche. Auch wenn ich mit anderen Menschen spiele komme ich in ein High, wie ich es anders nicht oft erlebt habe, wenn die richtigen Punkte angesprochen werden.  

Ich stelle mir aber vor, dass ich, wenn ich bei psychischen Problemen keine andere Hilfe hätte als eine D/s-Beziehung und SM, ich sehr aufgeschmissen wäre. Wenn es mir schlecht geht, spiele ich nicht. Ich würde, wenn ich traurig, abgelenkt, zu müde, betrunken, krank oder sonst irgendwie angeschlagen wäre, überhaupt nicht spielen können. Ich hatte die Situation bereits einmal mit Müdigkeit und Unsicherheit und musste abbrechen, weil ich es nicht genießen konnte und es einfach alles plötzlich unwirklich, aufgesetzt, verrückt erschien, die Situation für mich plötzlich kippte. Ich habe umgekehrt auch erlebt, dass Dom eine Situation abgebrochen hat, weil es ihm mal nicht gut ging und er mit echter Wut nicht spielt. 

Ich denke, bei psychischen Schwierigkeiten, Beziehungsproblemen, in emotionalen Ausnahmezuständen ist ein gleichberechtigter und offener Umgang miteinander wichtig. Ich kann nicht beurteilen, ob das auf andere Leute ebenso zutrifft. Ich persönlich schätze sehr, dass ich, und er auch, jederzeit abbrechen kann und wir dann vielleicht nicht gleich alle meiner Regeln in dem Moment außer Kraft setzen (je nachdem, auch das wäre denkbar, aber das brauchte ich bislang nicht und brauche es hoffentlich auch nicht oft in Zukunft), aber ein Spiel mit Schmerz und Erniedrigung dann nicht stattfindet und wir stattdessen reden oder kuscheln oder was auch immer der andere gerade braucht.


5. Wenn du willst, erzähl gerne von deinen masochistischen Kinks und ob dabei auch mal (z.B. durch schlechte oder fehlende Kommunikation) was blödes passiert ist, und auch ob mal was ganz tolles passiert ist, irgendein unerwartetes Erlebnis? (??)

Ich mag Schläge mit der Hand oder mit verschiedenen Schlagwerkzeugen. Harte Griffe in meine Oberschenkel, meine Brüste. Wenn er in meine Haare greift, mich quer durch den Raum schleift oder auf die Knie zwingt, auf den Boden. Ich finde das Ausüben von Kraft und Gewalt unfassbar aufregend (Impact play insgesamt, rough body play). Festhalten, in die Unterlage drücken, nicht fragen, solche Dinge. Gun- und Knifeplay machen mich sehr an. Ich mag Fesselungen, zb. mit den Ledermanschetten um Beine, Handgelenke und Knöchel, Spreizstangen und Fixierungen, Tunnelspiele und Sachen, die über längere Zeiträume laufen. Meine exhibitionistische und submissive Seite gleichzeitig spricht es an, wenn ich in der relativen Öffentlichkeit (siehe weiter oben) Befehle ausführe.

 https://twitter.com/einfach_machen_/status/1421711042124582914?s=20&t=fE72QQjFQqe63_mzYtY0Hw

Das meiste kann ich nur mit meinem Dom genießen, einiges auch mit anderen Menschen. Die Erfahrung zeigt, dass da eher harter Sex und leichte Schläge funktionieren, es eher nicht sehr krass zugehen darf. 

Was Blödes war mal, dass ein Date von mir wusste, dass ich bei meinem Dom auf Spucke (Dominusküsse) stehe. Er dachte, hey, großartig, mache ich das doch einfach mal. Und ich hab fast gek… weil es unglaublich eklig für mich war. Gewisse Grenzen kann man also leicht überschreiten. Es ist nicht selbstverständlich und nicht übertragbar, was funktioniert, es ist immer auch individuell verschieden. 

Unerwartet gut war für mich, wieviel Befriedigung und Freude ich jedes Mal über die komplette Zeit der Sichtbarkeit meiner Spuren empfinde. Ich liebe es, es macht mich so stolz und froh. Auch mega war, mein erstes Halsband zu bekommen, später meinen Halsreif und das Ritual dazu. Und ich bin jedesmal wieder erstaunt, wieviel Lust ich aus den Schmerzen ziehe, wenn eine gewisse Zeit dazwischen liegt.


6. + 8. Hast du eine Ahnung, woher deine masochistische Seite kommt? Glaubst du, die war ganz natürlicherweise schon immer in dir, oder ist die durch bestimmte Erlebnisse entstanden? Ist das – wie vielleicht viele Menschen glauben würden – irgendwie durch traumatische Erfahrungen geprägt? Wann hast du gemerkt, dass du diese masochistischen Züge hast und hast du das von Anfang an so angenommen oder dich dafür verurteilt?

Die Frage, wann ich gemerkt habe, dass das etwas für mich sein könnte oder dass es in diese Richtung geht: Mein Pornokonsum war früh, härtere Praktiken anzuschauen und ruhte schon immer auf diesem Aspekt, dass weiblich gelesene Personen von anderen (meistens männlich gelesenen, nicht immer) Personen "rough", nicht sehr zärtlich, eher zielorientiert benutzt werden. Ich konnte mich immer schon dafür begeistern, wenn die Augen groß werden von der benutzten Person, und ich habe mich da reinversetzt. Dieser spezielle Moment, auch bei besonderen, normalerweise eher krassen Praktiken, begleitet mich schon mein komplettes Leben als erwachsener Mensch. Aber schon lange, bevor ich selbst einen Namen dafür hatte oder schon in der Zeit, bevor ich einen Zugang zu Pornographie hatte, hatte ich die Phantasie, geschlagen zu werden. Zu meinen frühesten Phantasien gehört neben dem geschlagen werden auch entführt, verkauft oder versteigert zu werden. Das hatte und hat noch lange nichts mit meiner real gelebten Sexualität zu tun. Traumatische Erlebnisse gab es bis zu diesem Zeitpunkt meines Wissens nicht – ich habe später viel Mist erlebt, aber ursächlich für meine Disposition waren diese Traumata nicht. Eher war umgekehrt fehlendes Wissen und Verständnis für meine Bedürfnisse und Möglichkeiten ein Problem. Etwa mit Anfang 20 hatte ich einige Erlebnisse, die ich heute so interpretiere, dass ich versucht habe, das auszuleben. Ich hatte dann lange Vanillabeziehungen und habe es erst später in der Reihenfolge kennengelernt und sofort komplett gefeiert: Theorie (Accounts lesen, Blogs, Podcasts, Definitionen), dann Menschen, die das auch mögen, suchen, finden und … joa, Praxis. Ich konnte mir durch die zweite Herangehensweise dann sehr gut verzeihen.


7. Ist das Ausleben von Masochismus bei dir immer mit Sexuellem verbunden, oder findet das auch abseits von sexueller Erregung statt?

Ja, ich glaube, das gehört für mich zusammen. Ich kann mir gerade kein Setting vorstellen, das beinhaltet, Erniedrigung oder Schmerzen zu empfinden und zu genießen, ohne dass ich da Lust draus ziehe.


9. Zur genauen Praxis: Wie kommunizierst du vor einer Session deine Grenzen und wie sieht die Aftercare aus? Betreibst du auch ggü. des sadistischen Parts Aftercare? (weil es ja psychisch schon herausfordernd ist, jmd zu verletzen) Und mit wem spielst du überhaupt, worauf achtest du dabei, was ist dir da wichtig?

Ich kommuniziere meine körperlichen Grenzen rechtzeitig, wenn sie relevant sind. Ich übe, das klar und ohne irgendwelche Unsicherheiten zu tun, manchmal rede ich da viel um den heißen Brei herum, aber ich werde besser darin. Zb. wenn ich meine Tage habe und denke, dass ihn das evtl. stören könnte, oder wenn ich Schmerzen oder bestimmte Spuren aus irgendwelchen Gründen nicht möchte, weil ich vielleicht ins Schwimmbad gehen möchte oder so etwas. Wir haben da eine klare Absprache, dass ich bestimmte Grenzen selbst bestimmen kann, andere nicht. Wenn es Ausnahmesituationen sind, kann man natürlich immer abbrechen.

Aftercare ist mir schon wichtig. Kuscheln, reden, wieder ankommen und besprechen, was besonders gut war und wo ich vielleicht Angst hatte, gibt mir Sicherheit und ich genieße auch, seine Sicht und Erleben zu erfahren. Ich frage nach Sessions mit meinem Dom auch immer, wie es ihm geht. Ich glaube, ich bin ohnehin immer eher fürsorglich und caring und habe einen ausgesprochenen Kink darin, ihn zu bedienen, zu massieren, irgendetwas für ihn zu tun usw. Das schließt vorher und nachher auch immer Gespräche ein und ich frage oft, wie er etwas empfunden hat und was genau daran für ihn gut war, ihm irgendwas fehlt oder er sich irgendwas wünscht. Ich höre allerdings oft, dass er sich schon nimmt, was er will und ich mir keine Sorgen machen soll – was ich dann inzwischen auch meistens glaube. 

Mit anderen Menschen ist nach jeder Art von hartem Spiel für mich wichtig, zu fragen, ob alles gut ist, ob die Person es genossen hat, ob sie sich wohl fühlt. Umgekehrt wurde ich auch danach gefragt und mit viel Fürsorge reagiert, wenn es mir mal nicht gut ging, weil ich zb. das Gefühl hatte, zu schnell zu weit gegangen zu sein. Diese Fürsorglichkeit und Reflektion hatte ich nach Vanillasex übrigens noch nie, was ich unglaublich schade finde. Ich spiele nicht viel mit anderen Menschen, habe das aber so ein, zweimal im Jahr gehabt in den letzten Jahren. Erfahrung und eine gewisse Ernsthaftigkeit sind da wichtig für mich. Jemanden, der neu in dem Thema ist, könnte ich mir theoretisch vorstellen, wenn die Person bereit wäre, sich ernsthaft auseinanderzusetzen mit ihren und meinen Bedürfnissen. Praktisch gerate ich an so jemandem nicht, Leute haben in der Regel schon ihre sexuellen Präferenzen gefunden in dem Alter, das mich interessiert.


10. Gibt’s sonst noch irgendwas, was du unbedingt erzählen willst?

Diesen Punkt mit der Aufklärung finde ich immens wichtig. Ich finde, es sollte in der Gesellschaft viel mehr Akzeptanz finden und es sollte Teil der Aufklärung sein, dass es solche Bestrebungen in Dir geben darf, dass das normal ist, dass es solche Spielarten von Sexualität überhaupt gibt und diese bei vernünftigem Verhalten der Beteiligten (verantwortlich, konsensuell) gut und erlaubt sind. In meiner Aufklärung hat sowas nie stattgefunden. Es gab in der Schule Aufklärung, da ging es um rein körperliche Themen, man wurde über die Funktionsweise der Organe informiert. Dass zb die Teile der Klitoris innerhalb des Körpers gar nicht vorkamen, das Verhütung und Nebenwirkungen nicht vorkamen, jetzt mal beiseitegelassen. In meinem familiären und Peer - Umfeld redete niemand über das Thema, ungewöhnlichere sexuelle Themen kamen höchstens in Nebensätzen vor und wurden bestenfalls abfällig bis lächelnd abgetan. Hätte ich zb diesen Verein, der Jugendliche aufklärt (https://www.smjg.org/jugend-und-bdsm/) früher gekannt, wäre das für mich total gut gewesen. Das ist mir ein Herzensthema. Ich bin deswegen der Bubble und den tollen, einschlägigen Accounts hier für immer dankbar für ihre Offenheit, ihre Blogtexte, ihren Diskurs. Ich möchte nicht einzelne hervorheben, der Input war vielfältig und bunt und ich habe viele verschiedene Sichtweisen und Blickwinkel kennengelernt. 



Liebe Eli,

vielen Dank für die tollen Fragen, ich habe die Reflektion über diese Dinge genossen und hoffe, meine Antworten sind interessant und nicht zu langatmig geworden… Ich würde mich da über Feedback freuen! 

AK